geFLOHEne WEIHNACHTEN
Ein junger Mann und seine schwangere Freundin aus Syrien machen
sich auf den Weg, einen beschwerlichen, langen Weg - 160 km zu
Fuß - nur das nötigste Gepäck. Hitze, Durst, Hunger.
Erschöpft und am Ende ihrer Kräfte kommen sie an ihrem
Ziel an. Sie suchen vergeblich nach einer Schlafmöglichkeit.
Sie klopfen an viele Türen, werden aber abgewiesen.
"Alles voll, wir haben nichts mehr für Euch!"
"Was wollt Ihr von uns? Wir kennen Euch nicht!"
"Ihr seht so anders aus - gefährlich!"
"Ihr seid Fremde, geht wieder nach hause!"
"Nur schlafen? Unsinn, Ihr wollt uns etwas wegnehmen!"
"Wenn wir Euch reinlassen, dann kriegen wir Euch nie mehr
los."
"Ohne Euch geht's uns besser. Beendet doch einfach Euren
Krieg."
"Wir können niemanden mehr aufnehmen - wir brauchen
Obergrenzen!"
Nun macht sich auch noch das Baby bemerkbar - die Geburt steht kurz
bevor. In ihrer Not verkriechen sie sich in einen Kuhstall. Dort im
Stroh zwischen den Tieren kommt das Kind zur Welt. Ein Ochse und
ein Esel neben der strahlenden Mutter und dem stolzen Vater sind
das Erste, was das Kind von dieser Welt sieht. Sonst nichts.
Ein paar freiwillige Helfer, fast genauso müde und kaputt,
besuchen die junge Familie und bringen Decken und etwas zu Essen.
Das Kind gluckst vor Freude. Seine Augen leuchten. Es ist richtig
süß.
Die meisten Menschen aber haben Angst und verstecken sich lieber
hinter ihrer eigenen Geschäftigkeit - schließlich ist ja
bald Weihnachten und es muss noch soooo viel vorbereitet werden.
Wen kümmert da schon irgend so ein Neugeborenes? Ganz leise -
kaum hörbar im Hintergrund der dudelnden Adventsmusik -
spricht eine Stimme zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich
verkünde Euch eine große Freude, die Euch allen zuteil
werden soll: Heute ist in Eurer Nachbarschaft der Retter geboren;
er ist der Messias, der Herr. Ein Kind, in Windeln gewickelt, das
im Stroh einer Krippe liegt. Fürchtet Euch nicht!
Wie??? Der kleine Flüchtling soll der Messias sein?
Hm, warum nicht...?
Uii, da singt gerade ein Kirchenchor wie mit Engelsstimmen:
EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE UND
FRIEDE AUF ERDEN DEN MENSCHEN SEINER GNADE.
Friede - schön!
(Andy Spiegl, Advent 2015, frei nach dem Lukas Evangelium, Kapitel
2, Verse 1-14)